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Vatteinfail - Offener Brief vom 23.06.2016
Vattenfall Geschäftsstelle
Chausseestraße 23
10115 Berlin
Betrifft:
Vattenfail – Rechenhilfe von Ende Gelände-KlimaaktivistInnen für Vattenfall
Lieber Vattenfall-Konzern,
Es ist ja viel passiert in letzter Zeit: Ihr versucht, Eure Braunkohlesparte in der Lausitz zu verkaufen, es gab Protest und das hat ja einiges in Gang gesetzt. Jetzt ist das auch schon wieder ne Weile her und wir dachten, wäre ja vielleicht ein guter Moment, alles mal Revue passieren zu lassen.
Wir wollen Euch ein bisschen Rechenhilfe anbieten. Auch die ganz Großen können sich mal irren. Wir haben Verständnis dafür. Es ist ja auch schwer einzuschätzen, was so eine Braunkohlesparte wert ist und wie viel man da so für bekommen kann – da kann man sich leicht mal vertun. Diese ganzen Zahlen, und so viele Nullen überall. Wer kennt das nicht: Eben war das Haushaltsportemonnaie noch voll, plötzlich fehlen ein paar Milliarden.
Noch letztes Jahr hattet Ihr eine Kaufpreiserwartung von zwei bis drei Milliarden Euro lanciert. Ziemlich viel Kohle für die Kohle. Am Ende brauchte es 1,7 Milliarden Euro, um EPH zu überreden, die Sparte zu übernehmen. Euer Kommentar dazu: „Würde Vattenfall die Braunkohlesparte behalten, wären die negativen Auswirkungen auf die Bilanz von Vattenfall angesichts der prognostizierten Großhandelspreise für Strom noch größer.“ Ja, wer hätte das gedacht.
Es gibt also nicht mal mehr finanzielle Gründe, warum man an der Kohle festhalten sollte. Wäre da nicht eigentlich eine langfristige Abwicklung der Lausitzer Braunkohle eine gute Idee gewesen? So richtig mit Strukturwandel? Und guten Konzepten? Da gab es doch so einen Vorschlag von so einer Umweltorganisation, wie hieß die doch gleich? Die wollten etwa 2 Milliarden dafür, wäre auch nur etwa 300 000 000 Euro teurer gewesen. Angesichts einer Fehlkalkulation von, na gut, neben wir die niedrigere Zahl, 2 Mrd. nicht bekommen plus 1,7 Mrd. draufgezahlt, 3,7 Mrd. Defizit, also nicht mal 10% Aufpreis.
Aber nochmal zurück: Wieso genau geht Ihr davon aus, dass EPH das ganze wirtschaftlich UND sozialverträglich betreiben kann UND dabei noch Gewinne macht? Entweder vertraut Ihr Eurem eigenen Konzern nicht oder es gibt irgendwo einen Denkfehler. Da wollen wir nicht urteilen. So oder so, man kann sich ja mal irren.
Apropos irren. Nur, weil man einmal einen Fehler macht, heißt das ja nicht, dass man nicht auch noch weitere machen kann. Wir finden es in Ordnung, dass Ihr von diesem Recht Gebrauch macht. Zum Beispiel, wenn es um den Protest gegen die Kohle geht. Es gibt nämlich ein paar Leute, die schon länger darauf hinweisen, dass das mit der Kohle ‘ne dumme Idee ist. Von denen habt Ihr bestimmt auch schon gehört. Nur zugehört habt Ihr denen noch nicht. Ein paar davon sind zu Pfingsten mal vorbeigekommen. Da habt Ihr auch nicht zugehört. Lieber Herr Zeiß: Es ist nicht so, dass sie „sich mehrheitlich in einem Gewaltkonsens zusammengefunden [haben], der sich gegen unser Unternehmen und unsere Aufgabe als Energieerzeuger richtet“. In keiner Vattenfall Pressemitteilung und in keinem Polizeibericht gibt es Angaben über verletzte Vattenfallangestellte oder PolizeibeamtInnen. Und gegen die Aufgabe, dass Strom produziert werden muss, richten wir uns schon gar nicht! Wir haben uns zusammengefunden, um zu sagen: „Es braucht einen Plan, wie wir als Gesellschaft die soziale und ökologische Transformation organisieren und finanzieren“ , wir wollen „eine demokratisch organisierte Energieversorgung!“ Das heißt: wir brauchen die Energiewende, wir brauchen Konzepte und einen Strukturwandel. Gerne könnt Ihr da in der Region mitanpacken. Schließlich habt Ihr da einiges an Unordnung hinterlassen. Wenn Ihr nicht so damit beschäftigt wärt, Euch über ein paar Strohsäcke aufzuregen, die aufgrund einer polizeilichen Intervention nicht mehr weggeräumt werden konnten, könntet Ihr ja vielleicht mal darüber nachdenken, wie viele Dörfer und Landstriche Ihr verwüstet habt. Aber wir verstehen das, Zerstörung in solchem Ausmaß muss man schon mal verdrängen. Es ist ja so viel leichter, sich über die Kleinigkeiten aufzuregen. Da sehen wir dann auch gerne darüber hinweg, dass Ihr auch bei der Berechnung der entstandenen Sachschäden wieder ein Problem mit den Nullen hattet. Ihr sprecht von 1-1,5 Mio. Euro, während bei der Innenausschusssitzung eine Null aus euren Berechnungen gestrichen wurde und die Schadenshöhe bei max. 150.000€ angesetzt wurde. Wie viele Milliarden waren das an Sachschäden in der Region, die durch teure Renaturierung wieder hergestellt werden muss? Dafür habt Ihr 18 Mrd. Schwedische Kronen, also knapp 2 Mrd. Euro in den Büchern. Ach, Mist, die Zahl kommt ja auch von Euch. Wir würden da mal großzügig noch ‘ne Null dranhängen. Vielleicht auch noch ‘ne zweite.
Manchmal hilft ein bisschen nachdenken – vielleicht versucht Ihr es auch mal damit. Wir können das nur empfehlen und kommen sicher wieder vorbei, um Euch Anregungen zu geben.
Herzliche Grüße,
Ende Gelände.
PS: Auch das CO2 wird gar nicht weniger, wenn es jetzt andere in die Luft pusten. Das ist auch wieder so ein Zahlending. Aber wir lassen das jetzt, war ja auch schon ganz schön kompliziert.
Anmerkung: Der Text arbeitet Fußnoten und Quellenangaben, die sich im pdf finden.